experimentier.­Labor Heimat.­Dortmund

(c) Dali Moustache

(c) Dali Moustache

Das Netzwerk dott macht sich für ein Zentrum für die darstellenden Künste stark. Es soll nicht nur ein Arbeitsort für die darstellende Kunst sein, sondern vor allem als ein Dritter Ort dienen, in dem Themen, Bedarfe, Wünsche und Utopien der Dortmunder*innen im Rahmen eines experimentier.­Labors einen ‚Spielraum‘ erhalten.

Unser Ziel ist es, in Dortmund ein transdisziplinäres, -kulturelles und inklusives Zentrum für darstellende Künste zu etablieren. Hierbei wird es darum gehen, die Vernetzung der Dortmunder Tanz- und Theaterszene zu kultivieren sowie mit Bürger*innen aus Dortmund und dem Quartier verschiedene Projekte, Workshops und Veranstaltungen zu initiieren. Im Zentrum steht hierbei der Heimatbegriff, als Ausdruck kultureller Herkunft, kultureller Identität und sozialer Zugehörigkeit. Dem angegliedert sind ein aktives (Vor-)Leben von Pluralität sowie Demokratie und darin die aktive Förderung eines Interesses an kulturellen, politischen und sozialen Prozessen. Kreativität, künstlerisches Gestalten, aber auch Partizipation setzten Interesse in dem für es charakteristisch doppelten Sinne voraus: als emotionales Involviertsein einerseits und als thematischer Erkenntniszuwachs andererseits. Interesse fördert somit das Gefühl von Zugehörigkeit, weil es emotional bindet und gleichzeitig dazu ermächtigt, eine Position einzunehmen.

Auf der Basis dieser Überlegungen, planen wir im Rahmen des experimentier.­Labors Projekte transdisziplinär und transkulturell zu entwickeln, zu erarbeiten und einer Öffentlichkeit zu präsentieren. Anschließend wird es darum gehen, die Prozesse und Ergebnisse zu reflektieren und die Erfahrung in neue Projekte einzubringen. Dank der heterogenen Möglichkeiten theatraler Mittel soll dadurch eine Stärkung sowohl der kulturellen Vielfalt, als auch der Teilhabe an Gesellschaft und Gemeinschaft stattfinden. Ziel ist es über den Förderzeitraum von 18 Monaten hinaus unbefristet ein nachhaltig arbeitendes Zentrum der Dortmunder Tanz- und Theaterszene weiterhin zu betreiben und zu finanzieren.


Hintergrund-Kulisse

Geprägt durch insbesondere Zuwanderung, Kohle- und Stahlindustrie hat sich die Einwohnerzahl des Ruhrgebiets innerhalb von nur 200 Jahren von rund 220.000 auf über 5 Millionen vervielfacht. Über Generationen hinweg hat der Zuzug von Menschen aus vielfältigen Gegenden und Ländern dazu geführt, dass deren kulturelle Identität weder zu einer rein isolierten und abgeschotteten Abgrenzung geführt hat, noch zu einer reinen Angepasstheit, bei der alle Wurzeln und Prägungen abgeworfen wurden. Im Gegenteil, die fortlaufende Transformation hat dazu geführt, dass die Kultur der Zugezogenen heute unsichtbarer und selbstverständlicher Teil des Ruhrgebiets ist. Gerne wird dieser Teil der Geschichte von denen Vergessen, die aktuell Ängste einer vermeintlichen Überfremdung propagieren. Und so ist das Ruhrgebiet heute – geprägt durch Strukturwandelprozesse – ein Schmelztiegel einer transkulturellen, postindustriellen und post-digitalen Gesellschaft.

Darstellende Künstler*innen1 diskutieren und erforschen gegenwärtige Herausforderungen und die Zukunft dieser urbanen Gesellschaft, die von Themen der Migration und Transformation geprägt ist. Denn das zeitgenössische Theater bietet einen Raum für Utopien und Dystopien, verhandelt neue und andere Formen des Zusammenlebens, der Gemeinschaft, des Lernens und Bildens, des Arbeitens, der Demokratie- und Wertevermittlung, der politischen Einmischung, der Selbstwirksamkeit. Die Besonderheit des zeitgenössischen Theaters – insbesondere der freien Szene –besteht darin, dass es sich von den Normen der Virtuosität, der Beschränkung auf den Theatersaalund das Drama befreit hat. Es versteht sich nicht mehr allein als Repräsentant der Hochkultur, sondern als integrative Form, die sich interkulturell, inklusiv und Genre übergreifend auf seine spezifischen Qualitäten beruft: Es verschafft Dingen und Menschen mit den Mitteln der Sprache, des Klangs und von Körpern eine Präsenz in einem gemeinsam mit anderen geteiltem Hier und Jetzt.

Gerade jetzt, in einer Zeit, in der das Kontaktverbot alles öffentliche Leben bestimmt und digitale Kommunikation als teilweise sinnvoller und effektiver Ersatz entdeckt wird, werden auch schnell ihre Grenzen bitter spürbar. Überall dort, wo das gesprochene und geschriebene Wort im Zentrum steht, bringt es einen großen Vorteil und erspart Wege und Zeit. Aber dort, wo gestaltet wird, wo Anwesenheit und Präsenz wesentlicher Teil gemeinschaftlichen Tuns ist, zeigt die Nutzung von Kommunikationstechnologie ihre defizitäres und reduzierendes Gesicht, einer rein auf audio-visuelle Kanäle reduzierten Medialität. Selten zuvor war es so spürbar, wie wichtig das gemeinschaftliche Zusammenkommen, das gemeinsame Tun und Gestalten sind, wie fundamental die gemeinsame Anwesenheit für das eigene Befinden und die Qualität dessen, was gemacht wird und entsteht, ist. 

Die darstellende Kunst ermöglicht also höchst partizipative und identitätsstiftende Situationen und Erfahrungen. Dabei arbeiten die darstellenden Künstler*innen zunehmend in transdisziplinären, inklusiven und multiprofessionellen Teams. Sie kollaborieren mit anderen künstlerischen Sparten, den neuen Medien, der Stadtentwicklung, Wissenschaft, Ökonomie, Ökologie und Politik. Somit sind auch die darstellenden Künste ein Schmelztiegel einer transdisziplinären, transkulturellen, postindustriellen und post-digitalen Gesellschaft.

1Die „Darstellende Kunst“ definieren wir nicht nur mit den Sparten Tanz, Theater und Film in allen seinen Spielarten, sondern auch Performance-Formate der Musik, Literatur und Bildenden Kunst, mit Schnittflächen zur Medienkunst und Szenografie, aber auch Formen der politisch oder sozial motivierten künstlerischen Intervention. 

Vier Wände für das experimentier.Labor

Für die Findung einer geeigneten Immobilie für das Produktionszentrum, ist dott derzeit mit verschiedenen Eigentümern, Betreibern und Partnern im Gespräch und diskutiert in Kooperation mit der Stadt Dortmund verschiedene Immobilien. Wenn es Anregungen zur Gestaltung des experimentier.Labors oder Hinweise auf mögliche Immobilien oder Leerstände im Dortmunder Stadtrum gibt, könnt ihr uns gerne kontaktieren

Das experimentier.­Labor wird gefördert durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Programms #heimatruhr sowie dem Kulturbüro der Stadt Dotmund.

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